Herr Höltschl, seit wann sind Sie schon bei der SPD?
Ich bin seit 1961 dabei.
War die SPD schon immer Ihre Wunschpartei?
Politisch hat mich alles interessiert. Als ich 1964 von der Berufsschifffahrt zurück ins Landleben wechselte, habe ich mich umgeschaut, welche Parteien es in Schliersee gab. Nach Erkundung bei der PFW, deren Neigung leider nur für die Geschäftsleute war und mir das zu wenig sozial und für die Arbeiter war, kam ich dann zur SPD
Was war Ihr erstes Amt im SPD-Ortsverein?
Ich war Delegierter.
Wie ging es bei Ihnen in der Partei weiter?
Nach mehrmaligen Kandidaturen für den Gemeinderat – damals waren es enorm viele Mitglieder mit sogar einem SPD Bürgermeister und 8 SPD Gemeinderäten, also eine sehr starke Fraktion – blieb ich weiter am Ball und kam dann 1996 das erste Mal in den Gemeinderat. Mein Mandat als Gemeinderat war bis 2008 und dann von 2014 bis dato.
Was war Ihnen immer wichtig?
In erster Linie war mir der Ort Schliersee und das Gemeinwohl der Bürgerinnen und Bürger wichtig. Für den sozialen Wohnungsbau kämpfe ich bis heute. Ebenso den Erhalt und Ausbau der Arbeitsplätze und unsere Arbeiterinnen und Arbeiter – die für uns alle wichtig sind - setze ich mich stark für ein. Mir sind auch die Familien sehr wichtig, die im Ort bleiben sollen.
Herr Höltschl, was war Ihr persönliches Highlight in der SPD?
Das war definitiv die Kandidatur zum Bürgermeister im Jahr 1994
Und hatten Sie Erfolg?
Leider nein. Der „Genosse“ Trend war nicht mehr so interessant.
Was meinen Sie an was es gelegen hat?
Schwer zu sagen, aber ich denke die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger meinten die „Junge“ Generation sollte es besser haben und so waren wir leider nicht mehr im Trend. Die Jugend hatte andere Ziele, die nicht mit den Grundgedanken der SPD übereinstimmten. Wir, die SPD Schliersee, haben immer versucht den sozialen Gendanken in unserem Ort zu verwirklichen.
Seit wann sind Sie im Vorstand der SPD?
Ich war seit 1997 bis 2004 und dann ab 2012 bis 2022 der erste Vorsitzende. Davor war ich Beisitzer und Stellvertreter im Vorstand. Herr Höltschl, Sie sind auch zum Ehrenvorsitzenden der SPD-Schliersee gewählt worden, was empfanden Sie dabei?
Ich war unheimlich stolz, da mir mit dieser Ehrung gezeigt wurde, dass mein Einsatz, Bereitschaft und Mut mich auch hin und wieder als Einzelkämpfer im Gemeinderat durchzuschlagen ohne mich verbiegen zu lassen. Wenn ich was für wichtig und richtig halte, kämpfe ich nicht nur dafür, sondern bleibe mir selber treu und standhaft. Deshalb denke ich wurde der Ehrenvorsitz für meine Verdienste an mich vergeben.
Warum sind Sie nicht noch mal für die Bürgermeisterkandidatur angetreten?
Ich habe einen guten Job gemacht, aber ich bin der Meinung, dass es Zeit ist die junge Generation antreten zu lassen. Diese hat andere Vorstellungen. Es tut gut, wenn ein „frischer Wind“ in der Partei aufkommt. Wir Älteren stehen für Hilfe und Rat immer zur Verfügung. Wir müssen mehr Vertrauen in die Jugend haben. Leider hat es nicht geklappt, dass die SPD Schliersee einen Bürgermeister gestellt hat.
Warum haben Sie den SPD-Flohmarkt gegründet?
Mit unseren Flohmarkt konnten wir immer soziale Bedürfnisse in der Gemeinde Schliersee mit Spenden unterstützen. Es ist wichtig, dass wir für unseren Ort, Vereine, Clubs, Einrichtungen etc. da sind und helfen können. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Helfern, Ständlern und beim Parkplatzbetreiber recht herzlich bedanken. Es war eine gute und schöne Zeit, auch wenn die SPD-Schliersee als „Flohmarktpartei“ bezeichnet wurde.
In dieser Periode sind Sie als einziges SPD Mitglied im Gemeinderat, warum?
Ich habe alles versucht, doch leider konnte ich den Abwärtstrend des Gemeinderates der SPD nicht stoppen.
Wie ist es so als Einzelkämpfer im Gemeinderat?
Schade, dass wir nicht mehr sind. Leider bin ich in den Ausschüssen nicht vertreten und nur als „Zuschauer“ tätig. So habe ich als Gemeinderat sehr wenig Einfluss auf das Gemeinwohl der Bürgerinnen und Bürger, was mir persönlich wie schon gesagt, sehr wichtig ist.
Herr Höltschl, Sie wurden über viele Jahre hinweg von vielen belächelt, aber es gab auch viele die Ihre Standhaftigkeit und Ihr ehrenhaftes Handeln und vor allem Ihr großes Wissen über den Ort Schliersee bewundern. Was sagen Sie dazu?
Über das Belächeln stehe ich drüber, das lernt man auch in meiner Position als Vorsitzender und als Mandat im Gemeinderat. Ich war schon immer ein Mensch, der sich von sowas nicht unterkriegen lässt, das macht mich nur stärker. Das ist auch der Grund, warum mich viele Leute auch unterstützen. Im Nachhinein wurde mir von vielen Bürgerinnen und Bürgern bestätigt, dass ich mit meinen Ideen zum Gemeinwohl beitragen konnte und das freut mich. Dazu möchte ich gerne eine kleine Anekdote erzählen. An einer Schlierseer Tankstelle sprach mich ein junger Mann an und meinte: „Herr Höltschl, Sie sind doch die Schlierseer SPD und Ihr Sohn in der CSU. Reden Sie dann noch miteinander“? Darauf antwortete ich: „Für ein offenes Ohr bin ich immer zu haben, egal welche Partei“. Sie sehen, wie unterschiedlich Bürger über die Gemeindepolitik denken.
Mit welchen Problemen hat der SPD-Ortsverein zu kämpfen?
Über Mitglieder und Nachfolger auch im Vorsitz. Leider wird uns die große SPD als Ortsverein nachteilig vorgehalten. Wenn die Bürgerinnen und Bürger dieses Denken ablegen und das Wesentliche und die eigentliche Arbeit die wir im Ort anstreben erkennen, dann würden sich wieder mehr trauen bei uns beizutreten. Immerhin gibt es uns als Ortsverein seit 1898 und nächstes Jahr feiern wir unser 125. Bestehen. Wir sind der älteste SPD-Ortsverein im Landkreis Miesbach. Darüber bin ich heute noch stolz.
Wie ist die momentane Lage im Verein?
Beunruhigend. Es macht mich traurig und ich bin enttäuscht. Die Jugend zeigt leider kein Interesse, aber auch die ältere Generation unterstützt uns sehr spärlich. Durch die Corona-Pandemie wurden wir auch ausgebremst, um intensiv wichtige Themen und Probleme anzugehen. Viele versuche Mitglieder zu aktivieren und Neue dazu zu gewinnen sind träge vorangegangen. Selbst unsere langjährigen Mitglieder konnten nicht immer aktiviert werden. Hier möchte ich mich bei unseren treuen Mitglieder bedanken, die immer hinter uns stehen. Ich als Vorstand hätte mir allgemein mehr Unterstützung erwartet.
Herr Höltschl, jetzt sind Sie seit Mai 2022 nicht mehr als Vorstand angetreten, warum?
Krankheitsbedingt. Leider bringt das Alter auch viele gesundheitliche Beschwerden mit, daher konnte ich im letzten Jahr nicht mehr das erfüllen, was von mir erwartet wurde. Ich will keine schlechte, sondern eine gute Arbeit leisten. Das haben die Bürgerinnen und Bürger verdient. Ich konzentriere mich weiter auf meine Arbeit im Gemeinderat. Da möchte ich mich ganz herzlich bei meiner lieben Familie bedanken, die mich so gut auffängt und unterstützt, danke, dass Ihr da seid.
Also sehe ich das richtig, es gibt noch keinen Nachfolger?
Wir haben lange gesucht. Ich bin froh, dass wir eine Nachfolgerin gefunden haben. Margarita Horn übernimmt den Vorsitz. Trotzdem bleiben wir am Ball und suchen Mitglieder. Ich appelliere an alle die dem Ort verbunden sein wollen und unsere Einheimischen sozial unterstützen wollen, sich einen Ruck zu geben und die SPD Schliersee wieder stark zu machen.
Wenn Sie Revue passieren lassen, welche Ereignisse gab es in der Zeit der SPD Schliersee?
Was viele nicht mehr wissen, 1973 war Willi Brandt zu unserem Sommerfest in Schliersee eingeladen, es waren ca. 10.000 Besucher anwesend. Und unsere 100 Jahrfeier im Jahr 1998 war für Schliersee ebenso ein großes Ereignis. Der Genosse Ludwig Stiegler hielt die Festrede. An diesem Tag wurden 33 Ehrungen durchgeführt. 1994 trug sich die Genossin Renate Schmidt in das Schlierseer „goldene Buch“ ein. Auch unser jährliches Bürgerfest am Vatertag von 1997 bis 2003 war ein voller Erfolg, die nicht nur unsere Einheimischen besuchten, auch viele Besucher aus den anderen Gemeinden kamen vorbei. 2002 kam Genosse Otto Schily zur SPD-Wanderung zur Bodenschneid und hielt auf der Veranstaltung die Festrede. Das Mitwirken auf dem jährlichen Seefest und unsere Vortragsveranstaltungen waren immer wieder gut besuchte und schöne Momente. Immer vertreten war die SPD Schliersee beim Gemeindeluftgewehr und Eisstock schießen. Das Fischessen am Aschermittwoch und die Wanderung „Links um den Schliersee“ die nach wie vor jedes Jahr stattfindet, wird gerne besucht.
Wie denken Sie über sich in der SPD-Ortsverein Schliersee?
Es waren sehr schöne Moment die ich in der SPD Schliersee erleben durfte. Ich konnte mich für den Ort und für unsere Partei stark einbringen und vieles bewirken, wie z.B. Die Stärkung des Frauenanteils im Ortsverein oder Behindertensteg am Schliersee, Randsteinsenkungen im Ort, uvm. Was uns und speziell mich ausmacht ist, dass wir nie aufgeben und wenn wir fallen, stehen wir mit erhobenem Haupt wieder auf und kämpfen weiter. Ich habe in der SPD Schliersee mein Herzblut gefunden und meine Arbeit mit rechtem Gewissen durchgeführt. Meine Ziele so gut es ging vorangebracht und durchgeführt.
„Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren.“